18.03.2006

Blockwart

No sitting, littering, loitering, playing! No kissing in public! No smoking, drinking! Penalty! It's the Law!
In den USA – auch in New York – fühle ich mich permanent überwacht. Alles scheint dort geregelt. Überschreite ich eine Regel, macht mir das Angst, weil ich weiß, dass die Bevölkerung auf die Einhaltung peinlich genau achtet.
Neulich stellte sich mir ein alter Mann in den Weg, weil ich regelwidrig am Central Park Lake Fahrrad fuhr!!! Ein alter Mann! Im Central Park! Ist der lebensmüde? Warum ist es ihm so wichtig, diese Regelverletzung zu sanktionieren, dass er sich in Gefahr bringt? Ich bin ein wildes Tier! Theoretisch! Zumindest!
Weil mir viele Regeln so absurd, so heuchlerisch, so prüde, als nicht hinnehmbarer Eingriff in meine Privatsphäre erscheinen, fühle ich mich erdrosselt und entmündigt.
Umgekehrt fühle ich mich in Deutschland – trotz omnipräsenter Verbote (eins der wenigen deutschen Worte, die es ins Amerikanische geschafft haben....) freier - weil ich weiß, welche Regelverstöße sanktioniert werden und welche nicht.
Meine Freundin Porat hingegen erlebte Deutschland als Verbotsalbtraum voller Kontroll-Nazis. So unerträglich, dass sie in die USA zurückgezogen ist.

Liegt es daran, dass die gesellschaftlichen Regeln leicht verschoben sind? Dass die Prioritäten, was als hinnehmbare Abweichung gesehen wird und was nicht, anders sind?
In einem kulturell ganz fremden Land akzeptiert man die fremden Normen leichter- weil es so offensichtlich nicht unsere sind! Amerikaner und Europäer sehen sich aber immer noch als Teil derselben Kultur. Die Regeln - und die informelle Codierung welche Regelen sanktioniert werden und welche nicht - sind nur ein klein wenig anders, kaum wahrnehmbar verschoben.
Diese Abweichungen - besonders, wenn sie mit Eingriffen in unsere Autonomie einhergehen - werden daher wütend zurückgewiesen oder ohnmächtig erlitten.
Wie kommt der dazu, mich für so eine Kleinigkeit zu maßregeln! Mich! Spießer! Faschist! Blockwart!

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